Gibt es das richtige Boot, das Eine, das perfekte Boot, welches in unseren Träumen umherschippert?
In meinen Träumen wiegt mich mein Traumboot sanft und sicher in den Schlaf, bringt mich unbeschwert an die schönsten und einsamsten Ankerplätze, weit weg vom Lärm der Partygesellschaft. Auf meinem Traumboot geht nichts kaputt, alle Systeme funktionieren 1A. Der Autopilot hält präzise seinen Kurs, die Wellen kommen immer schön brav von Achtern und der Wind kommt immer optimal Halb oder Raumschots. Über Energie brauch ich mir keine Sorgen zu machen, immer stehen mir 220V zu Verfügung und die Klimaanlage kühlt den Innenraum auf meine Wohlfühltemperatur herunter. Schimmel ist kein Thema, da auch die Belüftung immer optimal funktioniert. Die Waschmaschine gurgelt bei Bedarf vergnügt vor sich hin, da auch Frischwasser immer genügend zur Verfügung steht. Wenn dann der Abend kommt, und nach dem perfekten Sonnenuntergang der eisgekühlte Sundowner zu neige geht, dann bewege ich meine glücklichen Knochen in den üppigen Salon und schaue mir YouTube Videos über ein unbegrenztes und immer verfügbaren schnelles Internet an…
Ein schöner Traum wie ich meine. Aber halt nur ein Traum, denn:
„DAS PERFECKTE BOOT GIBT ES NICHT“.
Das klingt schon gleich zu Anfang etwas niederschmetternd! Würde Geld keine Rolle spielen, dann käme man dem Ideal „vielleicht“ etwas näher. Ab 2-3 Millionen Euro aufwärts, wäre sicher die eine oder andere Werft bereit, Extrawünsche zu realisieren… Doch ich hatte nicht das Glück in einer wohlhabenden Familie das Licht der Welt zu erblicken, sondern wir beide musste uns erstmal unser Kapital (hart) erarbeiten. Ein Traum kostet nichts, den Traum aber zu leben und in die Realität zu bringen, kostet eine Menge Geld, Zeit, Beharrlichkeit und auch Mut. Überhaupt zum Thema Geld: Es ist eine Utopie zu glauben man brauche nicht viel Geld. Das Thema Geld spielt immer eine große Rolle, wenn man nicht auf ein Minimum an Komfort und Sicherheit verzichten will.
Wenn man das Rentenalter erreicht hat, alle Schulden abbezahlt sind und die Kinder aus dem Haus sind, dann klappt und reicht es mit dem Geld der Rente vielleicht aus. Wir haben keine Kinder, unser Geld ist auch „unser“ Geld (mal abgesehen vom modernen Raubzügen der Regierung, …auch Steuern genannt). Zum heutigen Zeitpunkt bin ich noch zwei Jahrzehnte bis zur vollen Rente entfernt. Warten…? Nein! Zu oft habe ich in meinem Bekanntenkreis erlebt, dass Träume zerschellt sind (nicht unbedingt nur Seglerträume).
Zerschellt wegen Mangel an Geld.
Zerschellt wegen Kinder, die man nicht alleine lassen will/kann.
Zerschellt wegen Krankheit.
Oder aber zerschellt, weil man schlicht und einfach zu alt für so einen Scheiß ist.
Das Risiko, zu alt für dieses Abenteuer zu sein, möchten wir vermeiden. Doch diesen Luxus hat einen hohen Preis. Dies im wahrsten Sinne des Wortes, denn die Jahre ohne Einkommen müssen überbrückt werden. Man wird halt vor die Wahl gestellt: entweder man bleibt im Hamsterrad und macht brav seinen Dienst bis zum gesetzlichen Rentenalter oder man bricht aus diesem Käfig aus. Ein Ausbruch in eine (zugegeben) ungewisse Zukunft. Wer ist schon bereit einen guten, sicheren Job aufzugeben, ein Haus im Grünen zu verkaufen, kurz sein gesamtes Leben einmal um 360 Grad und dann zusätzlich nochmal 180 Grad umzukrempeln um auf einem Boot zu leben? Wir sind dazu bereit. Aber leider geht das halt nicht zum Nulltarif.
Wir wissen nicht wie lange uns das Zigeunerleben gefallen wird. Sagen wir nach einem Jahr, dass es ein Fehler war? Sagen wir, dass es die einzig richtige Entscheidung war? Das wird uns nur die Zukunft verraten. Aber ohne Risiko, ohne aus der Vollkasko-Mentalität der Gesellschaft auszubrechen, werden wir keine Antwort darauf erhalten. Wenn ich einmal graue Haare habe (noch ein paar mehr, als jetzt schon ;-), und die Zähne ausfallen, dann erzähle ich lieber von Abenteuer die ich erlebt habe, als von solchen die ich gerne erlebt hätte…
Doch zurück zum Thema… 😜
Für mich war eigentlich von Anfang an klar, dass ich mich auf dieses Abenteuer nur mit einem Katamaran einlasse. Schon zu Charterzeiten und später bei unserer CALIMERO, ging ich nicht gerne den Niedergang herunter um im dunklen Raum zu sitzen. Auch die beengten Platzverhältnisse in den Kojen, im Bad oder in sonstiges Staufächer, hingen mir irgendwann zum Hals heraus. Aber was sollten wir mit einem 50 Fuß Boot für uns zwei? Als wir uns entschlossen hatten das Abenteuer ein bisschen in die richtige Richtung zu lenken, stand dann auch ein Segelboot (Monohull) bis maximal „nur“ 34 Fuß auf dem Plan. Ja, wir wollten erst einmal aus dem Charter raus und Erfahrungen als Eigner sammeln. 2-3 Wochen im Jahr Charten ist ja schön und gut, aber man sammelt niemals die Erfahrungen, welche man sich als Eigner aneignet. Unsere Wahl fiel damals nach intensiver Suche auf eine 16 jährige Bavaria 34-2 Cruiser. Der Gesamtzustand für dieses Alter war ganz o.k., und auch vom Budget her zu verkraften. 2 Jahre haben wir also fast jedes Wochenende sowie unsere Urlaubszeit (gutes Wetter vorausgesetzt) auf dem Boot verbracht. Schöne Zeiten, aber auch weniger schöne Zeiten reiten sich zusammen (siehe „alter Blog“). Den Zweck hat die Bavaria allemal voll erfüllt. Wir konnten eine Menge an Erfahrungen mit Ihr sammeln die wir nie und nimmer beim Chartern gesammelt hätten.
Seit Jahren besuchen wir auch jedes Mal Ende Januar die „BOOT“ in Düsseldorf. Ist wohl für jeden Wassersportliebhaber ein Begriff! Eine Messe für Träumer… ? Hochglanzpoliert stehen sie da, die Schönheiten, welche nur darauf warten Ihren Bug in Richtung Sonnenuntergang zu richten. Auf die Objekte unserer Begierde kommt man nur mit Voranmeldung, für die wir natürlich immer gesorgt hatten. Im Januar 2018 wurden wir nach all den Jahren an einem Messestand mit folgenden Worten begrüßt: „Hallo, habt Ihr immer noch kein Boot“…! Diese Worte gaben mir zu denken… Doch, wir haben ein Boot, aber nicht DAS Boot. Dann stiegen wir zum 3. Mal in zwei Jahren auf DAS Boot, welches wir für uns als idealer Kompromiss sahen. Ich erinnere mich gut, es war 14h30. Um 18h00 saßen wir immer noch oben an Deck als die Lautsprecherdurchsage uns darauf hinwies, dass die Türen für heute geschlossen werden. Das war im Januar 2018. Noch auf dem Heimweg rechneten wir wild umher. Ja, Nein, geht auf, geht nicht auf, alles gut…, alles Scheiße,… Das liebe Geld wieder!
Wollen wir es noch weiter vor uns her schieben? Wollen wir weiter warten? Warten bis es vielleicht zu spät ist und uns die Entscheidung dadurch abgenommen wird? Oder wollen wir einfach weiterträumen wie tausende andere die nicht den Mut haben ihren Traum zu leben…? Resignation machte sich breit. Wir rechneten weiter, wollten uns nicht unseren Traum nehmen lassen und fanden die Lösung, wie wir die finanzielle Hürde stemmen könnten. Doch alles war nur Theorie, aus unseren Köpfen auf einer Excel Tabelle niedergetippt. Nackte, blanke Zahlen. Zahlen lügen nicht, sagt man… oder etwa doch? Die Bankenkrise oder der gefälschte Jahreshaushalt der Griechen beweist sehr wohl, dass auch Zahlen lügen können! Da war sie wieder die Unsicherheit. Weitere Wochen zogen ins Land, tägliches Gesprächsthema… können wir es wagen? Für uns ging der Plan auf, doch wollten wir mal einen Profi über unser Projekt blicken lassen und uns eine unverbindliche Meinung vom Bänker holen. Nach dem Termin bei der Bank hatten wir die Bestätigung: unser Plan geht auf… oder besser gesagt; kann aufgehen…, wenn wir wollen! Wollen wir? JA! Kostenvoranschläge für das Objekt der Begierde hatten wir ja eh jedes Jahr eingeholt.
Um auch den letzten Zweifel an unsere Wahl von Marke und Model aus dem Weg zu räumen, buchten wir noch ein 4 tägiges Manövertraining auf genau DIESEM Boot in Kroatien.
Noch in Kroatien stand unser Entschluss also fest: Wir kaufen dieses Modell von Katamaran. Ein 40 Füßler von der Werft Fountaine Pajot. Für uns zwei ausreichend Platz und den Komfort den wir mögen… Auf nach München zum Händler. Wenige Wochen nach diesem Termin und weiteren Verhandlungen hatten wir den Vertrag vor uns liegen. Er musste nur noch von uns unterzeichnet werden. Die Kapitania zögerte keine Sekunde und setzte ihren Hacken unter eine Summe in Euro die einen schlucken lässt… Ich muss gestehen, dass ich noch 2-3 Nächte darüber geschlafen habe. Wieder einmal schob ich es vor mir her… Angst vor der eigenen Courage? Möchte ich das wirklich? Schon verrückt, man arbeitet Jahre lang auf ein Ziel hin, dann ist dieses Ziel zum Greifen nahe und was tut man (ich)? Ich zögerte. Das bequeme Leben aufgeben für die Ungewissheit? Die Komfortzone verlassen? Mir wurde plötzlich klar (eher bewusst), dass wenn ich diese paar Seiten unterschreibe, sich mein Leben verändern würde. Und ja, auch ich habe den Vertag unterschrieben. Die Anzahlung wurde überwiesen und dann… Tja, dann nix. Nun hieß es 2 Jahre auf die Auslieferung warten. Ja, 2 Jahre Lieferzeit! Schuld daran war ein Hurrikan in der Karibik, welche ein paar Monate zuvor hunderte von Katamaranen dort zerstörte. Diese wollten natürlich ersetzt werden, und die Warteliste wurde länger und länger.
Da war Sie nun in Auftrag gegeben „unsere“ Lucia 40 vom Fountaine Pajot. Ein Niegel-Nagel-Neues Boot.
Die Lucia 40 ist bestimmt auch nicht das perfekte Boot, es wird das perfekte Boot nie geben, sondern das Boot, welches wir uns noch leisten können ohne zu arg in die finanzielle Schieflage zu geraten. Sehr gerne wäre ich auch auf 44 oder gar 46 Fuß gegangen. Aber ehrlich, wir sind eine 2er Crew. 40 Fuß zu zweit sind gut zu meistern. Platz hat man dennoch nie genug, aber Platz auf einem Boot muss teuer bezahlt werden. Dies spiegelt sich nicht nur in den Anschaffungskosten nieder, sondern zieht sich durch das gesamte Bootsleben hindurch.
Die Liegeplätze werden teurer, alle Systeme müssen größer ausfallen, Segel werden größer, der Dieselverbrach der Motoren steigt, die Versicherung auch, ja sogar das mehr an Antifouling-Farbe spiegelt sich bei den Mehrkosten nieder. Die Rechnung ist schnell gemacht: Boot grösser = Kosten höher.
Wir haben also nicht das perfekte Boot gefunden, sondern das, in unseren Augen, richtige Boot gekauft.
Oft haben wir auch an ein gebrauchtes Boot gedacht und regelmäßig die bekannten Internetportale nach einer Lucia abgesucht. Doch wegen den hohen Lieferzeiten sind die Preise für sofort verfügbare Gebrauchte quasi auf dem Neuwert-Niveau. Dazu kommen dann die Besichtigungsreisen, Gutachterkosten, Überführungsaufwand usw. Unterm Strich nicht günstiger als ein neues Boot. Eine alte abgerockte Möhre kam für uns aus mehreren Gründen nicht in Frage. Je älter das Boot, je öfter muss repariert und ersetzt werden. Jeder bastelt irgendetwas nach seinen Wünschen an seinem Boot, ob dies dann auch gründlich gemacht wurde, steht auf einem anderen Blatt. Ich möchte keine Überraschungen über die ich mich dann ewig ärgern muss. Wurden die Motoren auch immer behutsam warmgefahren? Wartung? Versteckte Schäden? Nein Keine Lust auf eine Überraschungstüte! Doch auch die Raumaufteilung und das Design der Fountaine Pajot Katamarane hat uns so sehr gefallen, dass wir genau dieses Boot wollen. Doch DAS Traumboot? Gibt es DAS Traumboot trotzdem? Ja, UNSER Traumboot!
Es sind ab jetzt noch 4 ½ Monate bis zur geplanten Übergabe. Unsere Garage füllt sich so langsam mit Ausrüstungsgegenständen. Erste schmerzhafte Verkäufe wurden bereits getätigt… So musste mein schönes Cabriolet wehmütig einem Kleinbus weichen. Und auch meine kleine feine Werkstatt wurde seinem Hightech Maschinenpark beraubt.


Aber wie heißt es so schön:
Nur wenn man Altes loslassen kann, ist man bereit und offen für Neues.
Unseren Blog haben wir die letzte Zeit (bewusst) ziemlich vernachlässigt. Es standen viele finale persönliche Entscheidungen an und wir sitzen zurzeit einfach nur in der Warteschleife…

Demnächst aber mehr…, bleibt dran.
Guy
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Wow, et ass zwar laang Näischt geschriwwe ginn, awer dat do, dat ass net just informativ, dat ass och philosophesch. Et kann een är Gedanken an är Suergen gutt novollzéien. Ech free mech schonns drop d’Suite ze liesen.
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