Diesmal: 14,9 Nm – Gesamt 37,2 Nm
Von Samstag auf Sonntag haben wir unsere erste Nacht auf CALIMERO verbracht. Kalt war es, aber ruhig. Trotz unserem Keramikheizer wurde es recht kühl über Nacht im Bauch des Bootes. Ein Grund dafür ist aber mit Sicherheit auch der, dass mein Schlafsack schon etliche Jahre auf dem Buckel hat und auch schon öfters in der Waschmaschine landete. Für den Sommer wird er mir seine Dienste noch leisten…, für den Herbst werde ich mir dann einen Neuen kaufen.
Doch es war ziemlich ruhig! Ich muss wieder mal den Vergleich mit dem Mittelmeer ziehen. In den Marinas mit Mooring stehen die Boote dicht an dicht. Geschützt jeweils durch die Fender. Steht nun im Hafen etwas Schwell oder die Boote kommen durch den Wind etwas in Bewegung, so kann es schon mal vorkommen, dass die Fender entsetzlich nervende Quitsch-Geräusche von sich geben. Da in den Boxen aber keine Berührung mit dem Nachbarlieger zustande kommt, bleiben diese Geräusche vollkommen aus. Ich hatte Anfangs meine Bedenken, ob ich mit der Entscheidung glücklich sein kann, das Boot in den Niederlanden zu parken. Aber so langsam zeigen sich auch Vorteile an die ich vorher nicht dachte.
Die ausbleibende 3. Fender-Quitsch-Symphonie von Johann Sebastian Nervtöter ist so ein unverhoffter Vorteil 👂
Am Samstag hatten wir auch unseren Wassertank in Lelystad wieder füllen können, denn in Kampen waren leider die Zapfsäulen wegen Frostschaden außer Betrieb. Wir haben aber den ganzen Inhalt gleich wieder durch die Leitungen nach draußen fließen lassen um das Frostschutzmittel aus dem Tank und allen wasserführenden Systemen zu bekommen. Nach dieser Aktion füllten wir den Tank dann wieder komplette auf. Doch der Geruch von dem Frostschutzmittel war immer noch ziemlich präsent, so dass wir die ganze Prozedur ein zweites Mal durchgezogen haben. Anschließend füllten wir den Tank ein drittes Mal.
Heute Morgen, kurz nach dem Aufstehen, habe ich dann die Sicherung für den Boiler eingeschaltet um zu testen, wie lange es dauert, bis wir heißes Wasser zur Verfügung haben. Raymonde hatte in der Zwischenzeit das Frühstück vorbereitet.
Als wir dann guter Dinge am Tisch gesessen haben, ging plötzlich die Pumpe an welche das Wasser aus dem Tank in den Ausgleichsbehälter pumpt. „Hmmmm, nicht normal“ sage ich zu Raymonde, „Das muss ich mir später mal anschauen“. Wir sitzen da und ich erkläre Raymonde noch was der Ausgleichbehälter für eine Rolle spielt, da brummt die Pumpe erneut… „Nicht gut… gar nicht gut“. „Warst du an der Heckdusche?“ frage ich Raymonde während dem ich die Wasserhähne in Pantry (Küche auf einem Boot) und Bad auf Dichtheit prüfe. Raymondes Antwort war nicht die von mir erhoffte. „Nein“.
Es blieb mir also nichts Anderes übrig als die Heckkoje wieder komplett auszuräumen um an die Bretter zu gelangen, welche die Matratze tragen und den Zugang zur Technik ermöglichen.
Ich hob das Brett etwas an und im Schein der Taschenlampe sah ich schon eine dampfende Wasserfontaine. Mist! Ich öffnete den Zugang zum Motor und musste erst mal Fluchen.
Raymonde ist skeptisch: „Wenn nichts ist, dann mach bitte nicht so, nur um mich irrezuführen“. Zu oft habe ich ihr wohl schon diesen Streich gespielt 😉
Aber diesmal winkte ich sie zu mir und zeigte auf gut 10 cm Wasser welches um den Sockel vom Motor schwappte. Ihr entsetzter Blick suchte in meinen Augen eine Erklärung. Ohne ein Wort schwenke ich den Strahl der hellen Taschenlampe auf den Anschluss am Boiler. Munter sprudelte die dampfende Quelle aus dem Verbindungsstück.
Einerseits war ich beruhigt… andererseits ein bisschen wütend.
Warum beruhigt? Beruhigt deshalb, dass es nur der Anschluss ist. Dies ist nur ein kleiner Arbeitsaufwand. Wäre der Boiler undicht, wären gute 1000€ fällig.
Warum wütend? Wütend, weil ich mir das Anschlussteil etwas genauer angeschaut hatte. Komplett vermurckst… da war also schon einer am Werk, der versuchte etwas zu richten, aber eher das Gegenteil erreicht hat. So langsam setzten sich die Puzzelteile zusammen. Die Pressplatte des Saildrivemanschette war komplett verrostet als ich sie ausbaute. Da habe ich mich noch gefragt wie sowas möglich sein kann da dieser Ring einige Zentimeter über dem Rumpfboden auf einem Sockel angeschraubt ist und nicht in Kontakt mit Feuchtigkeit ist. Die Lösung des Rätsels dampft mir entgegen. Laut dem Murcks den ich sehe ist das mit 100%er Sicherheit nicht erst seit heute Morgen. Da hat mir der Vorbesitzer etwas verschwiegen. Hätte er es mir gesagt, so wäre es überhaupt kein Problem gewesen. 40cm Schlauch, eine neue Muffe und fertig. Material für 5 Euro. Aber jetzt muss das ganze Wasser aus dem Schiff wieder raus. Also Tank wieder komplette entleeren. Das ist noch die leichte Übung… was nervt ist die Tatsache, dass der Unterteil des Rumpfes in einzelne Bereiche unterteilt ist. Diese Bereiche sind durch ein kleines Rohr miteinander verbunden um das eventuell eintretende Wasser in den tiefsten Punkt zu führen -> der Bilge. In der Bilge ist eine Pumpe eingebaut, welches das Wasser dann nach draußen pumpt. Diese Pumpe braucht aber einen gewissen Wasserstand um sich selbstständig einzuschalten. Irgendwie eine Fehlkonstruktion… Da gibt es bestimmt bessere Systeme mit Feuchtigkeitssensoren oder so ähnlich… muss mich mal schlau machen, aber so bleibt das auf Dauer nicht.
Also hieß es nun mit Kelle und Schwamm Eimer zu füllen, die Bodenbretter abzuschrauben und die Bilge trockenzulegen… unnötige Arbeit, wenn der Vorbesitzer es nicht verschwiegen hätte. 😡
Nach getaner Arbeit sage ich noch zu Raymonde: „Wenn dies das Einzige ist was er uns verschwiegen hat, dann ist es noch o.k., denn das Boot ist sonst noch recht gut in Schuss“.
Nach 3 Stunden war die Aktion endlich beendet und ich wollte mir die Laune nicht dadurch ganz verderben lassen.
Trotzdem koche ich innerlich…!
Den Tank können wir jetzt nicht mehr befüllen und Ersatzteile sind am heutigen Sonntag auch nicht aufzutreiben… Grrrr 😡!
Auf dem nächsten (planmäßigem) Programmpunkt stand ein kleiner Probeschlag um die Segel zu testen und sicherzustellen, dass ich die Segel richtig angeschlagen habe. Raymonde rümpft die Nase beim Blick über die Hafenmole: „ist aber ziemlich windig…“.
Ich schalte die Navigationsinstrumente ein: „25 Knoten“ antworte ich grinsend zurück „Ideal zum testen“.
25 Knoten sind immerhin 6 Beaufort. Auf Charteryachten erlischt bei 6 Bft der Versicherungsschutz 😉
Alles was rumliegt wird verstaut und das Wohnboot wird wieder zum Fahrtenboot, Segelkleidung angezogen und raus geht es. Hinter den Imposanten Toren der Hafeneinfahrt liegt noch ein großer geschützter Bereich.
Raymonde findet es immer noch ziemlich windig und zeigt verunsichert auf die schrägliegenden Segelboote, welche Sie über der Hafenmole erblickt hat. Um sie zu beruhigen stülpe ich mir meine Rettungsweste über und sage ihr sie solle auch eine anziehen 😋
Als wir den geschützten Bereich verlassen haben stieg sogleich der Windmesser auf über 30 Knoten. Wir einigen uns gleich darauf das Großsegel komplette zu reffen (reffen heißt die Segelfläche zu verkleinern). Raymonde dreht CALIMERO zögerlich in den Wind… Als der Winkel stimmte, setzte ich das Groß und sagte Raymonde Sie solle auf Halbwindkurs gehen. Da ging schon etwas…! Raymonde sagte mir die Geschwindigkeit über Grund laut an (über GPS gemessen). „6 Knoten fahrt“…, „nur mit dem Großsegel“. „Na da geht noch was“ erwidere ich grinsend und bereite das Setzen des Vorsegels vor. Ein rasanter Ritt beginnt. Teilweise schlagen Böen von 40 Knoten in die gerefften Segen (das ist die Grenze von stürmischem Wind zu Sturm laut Beaufortskala) und treibt unsere CALIMERO zeitweise auf unglaubliche 8 Knoten fahrt über Grund… unser Rekord! Wer hätte gedacht, dass wir gleich bei der ersten Ausfahrt unter Segel unseren Geschwindigkeitrekord knacken. 👍
Während 15 Seemeilen lang testen wir noch verschiedene Kurse und laufen dann zufrieden auf die Hafeneinfahrt zu.
Zeit das Vorsegel einzurollen. Beim Anschlagen des Vorsegels hatte ich bemerkt, dass nur 1 ½ Umdrehungen des Seils auf der Trommel verblieben. Ich zeigte das Raymonde noch in Kampen mit den Worten „in Lelystad muss ich das ändern, denn bei Starkwind wird das Segel strammer eingerollt und dann kann es gut möglich sein, dass die 1 ½ Umdrehungen Reserve nicht reichen“. Das hatte ich natürlich noch nicht gemacht und meine Vorhersage bestätigte sich: Der letzte Meter des Vorsegels ließ sich nicht mehr einrollen. Halb so wild… aber das kann ich jetzt nicht mehr aufschieben. Dann Motor an und Raymonde steuert in den Wind. Großsegel runter, gesichert und die erste Ausfahrt ist gemeistert.
Nachdem CALIMERO sicher an seinem Platz verzurrt war, freute ich mich schon auf ein kühles Anlegebier.
Dann widmete ich mich der Rolle vom Vorsegel, gehen etwas essen und zufrieden beenden wir den Tag mit einem Glas Rum während unsere Blicke über den Hafen schweifen…
Raymonde & Guy