Ich geniesse im Moment wirklich das Wetter hier in Cartagena. Heute ist der 30 Dezember und ich sitze hier auf dem Bug von Adesso bei strahlendem Sonnenschein, blauem Himmel und Temperaturen von teilweise über 20 Grad. Wenn mir meine Mutter dann am Telefon berichtet, dass in Luxemburg 10 Tage hintereinander Regen und Nebel auf der Tagesordung stehen, also Grau in Grau, dann bin ich wirklich sehr dankbar jetzt hier sein zu dürfen. Unser Stegnachbar kam gestern nach kurzem Aufenthalt über Weihnachten aus Deutschland zurück und meinte, er hätte es nicht länger ausgehalten in dem tristen grauen kalten Alltag in Deutschland und so schnell wie möglich einen Flug zurück gebucht. Ihm würde das Wetter zu sehr auf die Moral drücken. Ja, ich kann mich noch sehr gut an meine schlechte Laune in den vergangenen Jahren erinnern. Die Monate November bis Februar empfand ich immer als sehr erdrückend. Es fehlte einfach das Licht. Ich geniesse es wirklich, wenn ich morgens aufwache und die ersten Sonnenstrahlen durchs Kojenfenster erblicke. Natürlich scheint auch hier im Winter nicht dauend die Sonne, aber die Schlechtwetterphasen dauern einfach nicht so lange an und die Temperaturen verbleiben im zweistelligen Bereich. Ich frage mich manchmal ob die Südspanier sich überhaupt bewusst sind, wie angenehm das Klima hier ist. Doch für die scheint es im Moment richtig kalt zu sein, denn als wir heute mittag im T-Shirt unsere Salate auf einer Restaurantterrasse genossen, liefen die Spanier in dicken Mäntel mit Schal an uns vorbei.
Ich denke wir sind inzwischen in Cartagena „angekommen“und fühlen uns schon ein klein bischen „heimig“. Einen Monat sind wir jetzt fest an unserem Liegeplatz im Hafen. So manche Bekanntschaften haben wir schon gemacht. Hier gibt es sehr viele Segler aus den nordischen Ländern, aus Schweden, Irland, England, aber auch aus unseren Nachbarländern, Belgien, Deutschland und Frankreich die hier überwintern. Manchmal, wenn das Wetter passt, dann wird Sonntags der Grill angefeuert und jeder der Lust hat, kommt mit seinem Essen vorbei. So lernt man sich kennen und tauscht Erfahrungen aus. Jeder hat seine eigene Geschichte, seine eigenen Wünsche und Ziele für die nächste Saison. So langsam werden wir Teil dieser Segler-Community. Aber wegen Corona ist das Gesellige im Moment etwas weniger ausgeprägt, weil viele sich dann doch „sicherer“ auf ihrem Boot fühlen als in grösseren Menschenmengen. Morgen, an Sylvesterabend, war auch ein Event geplant, welches aber leider wegen den strengeren Coronamassnahmen über die Feiertage hier in Spanien nicht stattfinden kann. Aber wir können uns echt nicht beklagen, denn hier fühlen wir uns noch als freie Bürger die an der Gesellschaft teilhaben können. Es gibt Bestimmungen und Einschränkungen für grössere Events drinnen und einige Restaurants fordern den Covidpass, aber im Allgemeinem ist hier noch ein halbwegs normales Leben als 1G (Status: gesund) möglich. Die spanische Regierung scheint einen kühleren Kopf zu behalten und verfällt nicht in die gleiche Panik wie verschiedene nord- und mitteleuropäische Länder, was wir sehr sehr begrüssen! Der mildere Krankheitsverlauf von Omicron wird berücksichtigt und so entschieden sie sich auch gegen weitere einschränkende Massnahmen. Wir sind so glücklich im Moment hier zu sein.
In diesen vergangen 4 Wochen habe ich Cartagena immer besser kennengelernt. Inzwischen finde ich die verschiedenen Supermärkte auch ohne die Hilfe von GoogleMaps und weiss wo was in besserer Qualität angeboten wird, wer die grössere Auswahl hat, welcher Supermarkt gut mit dem Auto und welcher angenehmer mit dem Fahrrad erreichbar ist usw. Ich weiss inzwischen welche Panaderia (Bäckerei) Vollkornbrot anbietet, welche Croissants…, dass ich die besten Pistazien und Oliven in den Markthallen an den Ständen der regionalen Anbieter finde usw. Den besten Weg Hin-und Zurück zum Hallenbad, wo ich inzwischen schon fast zu den Stammgästen zählen, habe ich jetzt auch gefunden…Wir leben uns hier mehr und mehr ein und das ist ein gutes Gefühl. Ich denke es wird irgendwie komisch sein, wenn wir im Frühjahr den Hafen entgültig verlassen werden…
Aber ich habe in den letzten Wochen nicht nur Cartagena besser kennengelernt, sondern auch schon den einen oder anderen Fahrraderkundungstörn unternommen. Mein erstes Ziel war Algameca Chica, eine kleine Bucht, ähnlich den „Calanques“ in Frankreich. Hier angekommen fühlte ich mich in der Zeit zurückversetzt, wie in einer anderen Welt (und doch nur 10 Minuten mit dem Fahrrad von Cartagena entfernt). Hier gibt es keine Strasse, die Leute leben in kleinen selbstgebauten Häusern/Fischerhütten. Alle haben sie schwarze Wasserbehälter auf dem Dach und profitieren so von der Sonne um Warmwasser zu produzieren. Einige kleine Photovoltaïkanlagen zur Stromproduktion konnte ich auch entdecken. Die Leute grüssten mich alle ganz herzlich, waren aber ein bischen erstaunt über dieser fremde Besuch in ihrem Dorf…so oft wird es wohl keine Ausländer hierhin verschlagen… Ich nahm mir Zeit um durch das Dorf zu schlendern und liess die ganze Athmosphere auf mich einwirken. Hier ein paar Eindrücke:




Eine kleine Brücke verband beide Seiten miteinander. Also machte ich mich auf auch die andere Seite der Bucht zu erkunden. Von hier aus stieg ein kleiner Weg hinauf zu den Küstenfelsen von wo ich ein paar wunderschöne Ausblicke geniessen konnte.

Einen weiteren schönen Spaziergang machte ich zum Mirador de Roldán. Hier war ich allerdings mit dem Wagen zum Ausgangspunkt, einem kleinen sandigen Parkplatz, gefahren. Der Weg war ziemlich anstrengend, 1 Stunde nur bergauf, aber oben angekommen, wurden die Strapazen mit einem wunderbaren Ausblick belohnt. Ich setzte mich mit Chico auf einen Felsvorsprung und genoss einfach nur diesen Blick über das Meer…





Ungefähr eine halbe Stunde Autofahrt entfernt, befindet sich der Parque de Calblanque. Hier waren wir vor einigen Tage auf Erkundungstour. Ein schöner Küstenweg führt an der Playa Negrete vorbei und wir konnten so tolle Ausblicke geniessen. Um diese Jahreszeit waren nur ein paar Wanderer unterwegs und die Strände und Buchten fast menschenleer. Da Bilder mehr als 1000 Worte aussagen, hier ein paar schöne Fotos:






Ich hätte auf jeden Mal nichts dagegen, noch einmal durch diese tolle Landschaft zu wandern…im neuen Jahr.
Zum Schluss will ich von der Gelegenheit profitieren um euch allen einen guten Rutsch ins neue Jahr zu wünschen und vor allem eine gute Gesundheit und alles Gute 🙂 !

Bis dann…
Raymonde