Letzter Törn mit Calimero

Mit einem sehr eigenartigen Gefühl im Bauch schreibe ich diesen Blog, wohlwissend, dass es wohl der letzte sein wird, in dem ich über unsere Erlebnisse mit Calimero berichte.

Wir haben Anfang des Jahres Calimero zum Kauf angeboten, da wir unseren Katamaran in Auftrag gegeben haben. Dieser soll im Frühjahr 2020 ausgeliefert werden. Wir überlegten lange ob wir Calimero auch noch nächste Saison behalten sollten, der Bauch sagte « ja », der Kopf dagegen « nein ». Schlussendlich siegten die rationnellen Argumente : lieber Calimero dieses Jahr verkaufen und so nicht das Risiko laufen, nachher zwei Boote zu besitzen, wenn wir keinen Käufer bis Herbst 2019 finden würden. Jetzt haben wir Calimero am Ende der Saison verkauft, konnten es noch fast die ganze Segelsaison 2018 nutzen, die Winterarbeiten, einschliesslich des Neuanstrichs des Antifoulings bleiben uns so auch erspart. Eigentlich ideal, aber ich fühle mich, als hätte ich einen treuen Begleiter im Stich gelassen und so richtig will ich mir auch nicht vorstellen, dass wir jetzt 1 ½ Jahre kein Boot mehr besitzen auf welchem wir dem Alltag entfliehen können.

Am Freitag morgen, nach dem Frühstück, haben wir sofort damit begonnen Calimero auszuräumen. Schon beieindruckend wieviele Sachen sich in den letzten Jahren auf Calimero angesammelt hatten. Zuhause hatte ich noch daran gezweifelt, ob wir wirklich den Anhänger bräuchten, aber Guy hatte Recht. Ohne Anhänger hätten wir mit Sicherheit nicht genügend Platz gehabt. Nachdem das Meiste geschafft war, genehmigten wir uns eine Pause und machten einen (letzten) ausgiebigen Spaziergang durch Lelystad. Danach war Grossputz angesagt, Guy kümmerte sich um den nötigen Glanz draussen und ich säuberte Calimero drinnen. Nach den 3 Wochen « Sommertörn » hatte sich nämlich recht viel Dreck angesammelt und wir wollten Calimero seinem neuen Besitzer ja auch schön sauber übergeben.

Danach gings dann ab in die Dusche und anschliessend ins Hafenrestaurant. Hier haben wir den Abend dann gemütlich ausklingen lassen. Der Abend war sehr angenehm und das Essen lecker, aber mich verfolgte dauernd der Gedanke, dass dies jetzt alles zum letzten Mal war und das machte mich doch sehr traurig.

Eigentlich hatten wir anfangs vor am Sonntag morgen auf direktem Wege von Lelystad nach Stavoren zu segelen, denn der neue Liegeplatz von Calimero wird in Stavoren sein, doch als wir die Strecke noch einmal genau unter die Lupe nahmen, stellten wir fest, dass es doch mehr als die geschätzten 20 sm waren. Also beschlossen wir uns die Strecke aufzuteilen und über Enkhuizen zu fahren. Hier würden wir dann übernachten und am Sonntag weiter hoch nach Stavoren segelen. Also zwei Mal ungefähr 15 sm und der Wind würde es uns auch mal wieder ermöglichen zu segelen, eine willkommene Abwechslung !

Chico hatte auch nichts gegen den Plan einzuwenden 😉

1Chico Kaarten

Am Samstag morgen gegen 10Uhr haben wir dann die Leinen losgemacht und « unseren » Hafen in Lelystad endgültig verlassen mit Kurs auf Enkhuizen.

Hier ein letztes Foto das ich beim Rausfahren als Erinnerung gemacht habe. Ich muss zugeben, ich kämpfte mit den Tränen. Es war ein blödes Gefühl. Man weiss, man muss etwas aufgeben, wenn man etwas anderes will, aber es schmerzt trotzdem.

2Eddi Lelystad

Calimero machte super Fahrt so dass wir schon nach 2 ½ Stunden im Compagnieshafen ankamen. Nach dem obligatorischen Anlegerbier, machten wir uns auf in die Stadt um uns  ein paar Borrels zu genehmigen. Nicht zu oft, aber manchmal mag ich die kleinen runden Kugeln schon…so für den kleinen Hunger. Es war echt was los in Enkhuizen, viele Besucher schlenderten durch die Strassen. Als wir an der Schleuse vorbeigingen, entdeckte Guy Leute oben auf dem Turm.

3 Turm20180908_154552

Dann fielen mir die Schilder ein, die ich hier und da gesehen hatte mit der Aufschrift « Monumentopendag ». Ja, heute schien so etwas ähnliches wie Tag der offenen in alten Bauwerken hier in Enkhuizen zu sein. Schnell fanden wir den Eingang und stiegen die Treppen hoch bis aufs Dach. Chico war natürlich mit dabei, aber auf dem Arm, die vielen schmalen Treppen wollte ich ihm dann doch nicht zumuten.

Von hier aus hatten wir total schöne Ausblicke auf den Innenhafen, die Schleuse und die Umgebung. Jetzt waren wir ja schon mehrere Male in Enkhuizen, aber heute hatten wir dann doch noch einmal neue Eindrücke bekommen. Hier ein paar Fotos von der schönen Aussicht :

Im späten Nachmittag sind wir dann zu Calimero zurück und haben hier noch ein bischen relaxt bevor wir uns fürs Abendessen fertig gemacht haben. Heute war wirklich ein schöner Tag, den wir auch beide sehr genossen haben. Sogar der Regen machte heute endlich mal eine Pause !

Am Sonntag morgen sind wir wieder so gegen 10 Uhr los, diesmal Kurs Stavoren.

Am Anfang sind wir noch gesegelt, der Wind kam seitlich von achtern, so dass wir recht gut Fahrt machten. Danach drehte er aber leider immer mehr nach SW, so dass wir voll Rückenwind hatten und wir kaum noch mehr als 5 Knoten Fahrt machten. So beschlossen wir weiter zu motoren, denn wir wollten auch nicht zu spät in Stavoren eintreffen, wohlwissend, dass der neue Besitzer noch sicher ganz viele Fragen haben wird.

Als wir im Hafen ankamen, warteten sie schon gespannt auf uns und Calimero. Guy manövrierte Calimero noch ein letztes Mal sicher in seine neue Box und ich kümmerte mich um die Festmacher. Alles verlief ohne Probleme. Zusammen mit den neuen Besitzern stossen wir auf die gelungene Überfahrt an. Dann kam der weitaus unschönere Teil : wir mussten unsere letzten Sachen zusammenpacken und vom Schiff bringen. Wieder so ein blödes Gefühl.

Nachdem Guy alles erklärt hatte und alle Formalitäten erledigt waren, halfen wir den neuen Besitzer noch einen Teil ihrer Koffer auf Calimero zu bringen, denn sonst wäre kein Platz im Wagen gewesen um uns zurück nach Lelystad zu unserem Wagen zu bringen. Guy und ich, wir sassen neben Calimero auf dem Steg und schauten zu wie die neuen Besitzer ihre Sachen in den Innenraum von Calimero brachten. Das war ein echt sch…. Gefühl. Ich sagte zu Guy, dass ich mir vorkäme wie zwei Aussässige. Ich wusste, dass es schwer werden würde, Calimero hier stehen zu lassen, aber es war umso härter, weil wir den neuen Besitzer nicht einfach nur die Schlüssel übergaben, sondern zusehen mussten, wie sie Calimero sofort mit all ihren Habseligkeiten in Besitz nahmen. Ja, natürlich ändert das im Prinzip nichts, wir haben Calimero verkauft, es gehört uns nicht mehr, aber es war echt hart. Auch Guy, der mir die letzten Tage immer wieder gesagt hat, ich solle nicht übertreiben, nicht melancholisch werden, es wäre nur ein Boot, ein Gegenstand…auch er kämpfte jetzt mit den Emotionen.

Ja, wir haben viele schöne Erfahrungen auf und mit Calimero gemacht, das verbindet !

In Lelystad angekommen, packten wir die letzten Koffer in den Anhänger und machten uns auf den Rückweg nach Luxemburg. Und wir sollten wieder Pech haben, denn die A27 war gesperrt, so dass wir einen längeren Umweg über den Ring von Amsterdam in Kauf nehmen mussten…grrr. Nach 5 ½ Stunden waren wir endlich zuhause angekommen.

Das wars…Calimero gehört jetzt der Vergangenheit an. Ich bin mir sicher, dass ich noch oft an die vielen schönen Augenblicke zurückdenken werden. Wir hatten Calimero gekauft, als Trainingsboot, wohlwissend, dass wir es wieder verkaufen werden, wenn das neue Kapitel Katamaran beginnt. Jetzt heisst es sich in Geduld üben….bis Frühjahr 2020…nicht gerade meine Stärke, aber mir bleibt nicht viel anderes übrig.

Raymonde

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