Von Medemblick nach Lelystad

Von Medenblick nach Lelystad: 26,3 Nm — Calimero seit 2017: 447,3 Nm.

Die letzte Etappe unserer Sommerferien: von Medemblik zurück nach Lelystad.

Wie im letzten Blog angedeutet, haben wir noch einen weiteren Tag in Medemblick verbracht. Wir sind viel herumspaziert, durch den Park bis zum Deich am Ijsselmeer, weiter am Regattahafen entlang, zurück zum Zentrum. Wir nutzten die letzten Sonnenstrahlen, denn die Wolken am Himmel kündigten schon so langsam das an, was die Wettervorhersagen schon seit ein paar Tagen predigen: der Barometer fällt und fällt, die Temperaturen sinken, eine Schlechtwetterperiode kündigt sich an.  Mehrmals am Tag haben wir uns hier in Medemblik verschiedene Wettervorhersagen angeschaut, aber leider immer mit der gleichen Erkenntnis : es wird schlechter, viel schlechter. Normalerweise hatten wir ja geplant, dass wir bis zum 12 September mit Calimero unterwegs seien, aber da wir uns beide einig waren, dass es keinen Sinn macht irgendwo in einem Hafen während Tagen abzuwarten, dass es dann endlich wieder besser wird, haben wir beschlossen nach Lelystad zurückzusegeln bevor es richtig schlecht wird.

Am Morgen haben wir dann aus dem Wohnboot Calimero wieder ein Segelschiff gemacht. Ich bin noch mit klein Chico auf Pippitour, während Guy die letzten Vorbeitungen erledigt hat. Dann gings los, denn wir wollten nicht zu spät starten. Schliesslich hatten wir 25 Seemeilen vor uns. Die erste Etappe an Enkhuizen vorbei Richtung Schleuse konnten wir mit achterlichem Wind von gut 20 Knoten relativ zügig segeln, aber ich empfand es eher als unangenehm, denn die Wellen kamen wieder von der Seite. Doch…postive Nachricht : ich wurde nicht seekrank. Ob das jetzt daran lag, dass ich mich schon etwas mehr daran gewöhnt habe oder ob es an den Ingwerpillen lag, die ich profilaktisch geschluckt hatte in der Hoffnung, dass sie etwas bewirken, ich weiss es nicht. Ist mir auch im Nachhinein egal, Hauptsache nicht grün im Gesicht 😉.

Als wir bei der Schleuse ankamen blies der Wind mit über 25 Knoten. Wir hatten geplant seitlich gegen den Wind am Wartesteig festzumachen um dann nachher einfacher weg zu kommen wenn die Schleuse öffnet. Doch das sollte sich als schwierig herausstellen, denn ich konnte Calimero zwar am vorderen Poller festmachen, aber das Seil welches Guy über den Poller hinten werfen wollte, verhedderte sich an seiner Rettungsweste. Es ging zuviel Zeit verloren und Calimero wurde komplett vom Wind abgetrieben. So stand ich am Steig und konnte gar nichts helfen, während Calimero, noch vorne mit der Leine fest, anfing sich quer zum Steig zu drehen. Guy kam jetzt sicherlich ins Schwitzen aber er behielt die Übersicht und die nötige Ruhe um mit viel Geschick Calimero zu drehen ohne irgendwo anzustossen. Dann kam er mir langsam entgegen, ich löste das Seil, warf es über die Rehling und stieg wieder aufs Schiff. Inzwischen waren die Anzeigelampen der Schleuse auf rot-grün geschaltet, was sowiel bedeutet wie « Schleuse öffnet bald, fertig machen ». Mit Vollgas voraus sind wir wieder aus dem Wartebereich herausgefahren (denn wir standen ja falsch rum), haben schnell gewendet und sind hinter einem anderen Segelschiff in die Schleuse gefahren. Dort verlief das Festmachen dann ohne Probleme…ufff, denn das Herz schlug bei uns beiden immer noch schneller. Es war gut, dass bei diesem Wetter nicht viele Schiffe unterwegs waren, denn sonst wäre das Ganze an der Schleuse wahrscheinlich brenzliger geworden.

Nach der Schleuse mussten wir noch ein bischen segelmotoren damit wir genug auf der Steuerbordseite im Fahrwasser bleiben konnten. Aber nachdem wir das Fahrwasser verlassen hatten und Kurs auf Lelystad genommen hatten, ging es nur noch unter Segel weiter. Und wie !  Dafür verantwortlich : seitlicher Wind von 25-35 Knoten. Wir hatten über weite Strecken mehr als 8 Knoten Fahrt und damit nicht genug.  Die Höchstgeschwindigkeit die wir bis jetzt auf einem Segelboot erreicht haben und damit absoluter Rekord  waren 9,9 Knoten Fahrt !!! Das war schon richtig Action.

Und…ich wurde noch immer nicht seekrank. 😀

Bis jetzt hatten wir Glück gehabt, wir waren nur ganz am Anfang nach unserer Abfahrt von Medemblick in eine Regenschauer geraten. Chico und ich, wir hatten uns unter die Sprayhood verkrochen, doch Guy stand am Ruder und hatte den Regen voll abbekommen. Aber es war eine kurze Regenschauer und danach kam die Sonne raus. Doch so ungefähr 8 -10 Seemeilen vor Lelystad kamen zwei dicke graue Wolken immer näher. Ich kündigte Guy an, dass wir wohl bald nass würden und holte meine Regenjacke um Chico damit einzuwickeln, damit er nicht nass werden würde. Denn wenn er nass wird, dann friert er sehr schnell und ich will ja nicht dass er sich erkältet. Guy konnte sich ein leichtes Kopfschütteln nicht verkneifen und meinte, vielleicht würde die erste Wolke vor uns und die zweite hinter uns vorbeiziehen. Man müsste positiv denken, sagte er. Ja, könnte ja sein, aber irgendwie konnte ich mir das nicht so richtig vorstellen und glaubte nicht daran. Leider sollte ich Recht haben (diese Mal hätte ich gerne darauf verzichtet Recht zu behalten 😉).

Denn bald find es an zu Regnen. Sehr unangenehmer…kalter Regen, Herbstregen. Und dann, ohne jegliche Vorwarnung blies der Wind plötzlich mit 60 Knoten. Der Regen prasselte mit solch einer Wucht herunter dass Guy sich das Gesicht mit der Hand schützen musste. Auch die Sicht ging innerhalb Sekunden soweit runter dass er knapp noch den Bug von Calimero sehen konnte. Jetzt wissen wir wie sich eine Schlechtwetterregenböe anfühlt. Calimero schoss nachdem er sich voll auf die Seite gelegt hat mit voller Wucht in den Wind. Da hatte Guy keine Chance am Ruder noch irgendetwas zu bewirken. Die Segel flatterten, es regnete in Strömen, wir konnten nur abwarten bis der Wind wieder abnimmt. In weiser Voraussicht waren die Segel komplett gereft, das heisst dass nur noch die kleinstmögliche quadratmeterzahl an Segel gesetzt waren. Sonst hätten diese Böen bestimmt kurzer Prozess gemacht und die Segel zerfetzt. Auch die Wellen nahmen kurz dramatisch zu, Guy schätze so 1,50m. Beachtlich…, wenn man bedenkt dass hier im „See“ eine durchschnittliche Wassertiefe von 3 Meter hat. Und Chico…der schlief unter meiner Regenjacke. Kein Anzeichen von Aufregung, er kuckte mich eher verwundert an als ich die Jacke hochhob, als wollte er mir sagen, « eh, jetzt schlief ich so gut, was störst du mich jetzt ». Darüber waren wir schon verwundert, aber besser so als wenn er panisch reagiert hätte.

2017-09-17 Windmesser
Die Anzeige des Windmesser hat eine Funktion, welche die maximale Windgeschwindigkeit speichert. Damit man mir keiner „Seglerlatein“ vorwirft: hier das Beweisfoto: 60 Knoten. Das sind immerhin 111km/h = Windstärke: 11 = Orkanartiger Sturm. Guy

Nach ein paar Minuten war der ganze Spuck dann allmählich vorbei. Es regnete zwar noch immer, aber der Wind hatte sich auf 25-30 Knoten « beruhigt ».

Also konnte es weitergehen und wir nahmen weiter Kurs auf Lelystad. In Lelystad angekommen erschien uns der Hafen menschenleer.  Guy bewies jetzt auf ein Neues sein Talent, denn obwohl es noch immer mit über 25 Knoten Wind im Hafen blies und auch noch voll von Steuerbord, also voll von der Seite. Manövrierte er Calimero ohne zu zögern in seine Box.

Es war ein anstrengender Tag mit neuen Erfahrungen. Den Abend haben wir dann aber wieder ganz traditionnel im Hafenrestaurant ausklingen lassen und sind danach richtig müde in unsere Koje gefallen.

Den folgenden Tag verbrachten wir vormittags in Batavia Stad, einem Outlet-Center beim Shoppen. Guy ist wirklich der geborene Shoppingmuffel, aber hier konnte er dem Shoppen doch etwas Positives abgewinnen, denn seine Ausbeute war beachtlich und vor allem viel günstiger als hier in Luxemburg. Nach dem Mittagessen sind wir dann zurück zu Chico, der brav auf Calimero aufgepasst hat. Nachdem alles eingepackt und vestaut war, und das war dieses Mal ja ziemlich viel, denn schliesslich hatten wir Kleider für 3 Wochen mit, haben wir uns dann wieder auf die Rückreise nach Luxemburg gemacht.

Inzwischen sind wir leider wieder voll in unserem Alltag angekommen. Ich fühle mich jedes Mal so als würde man mich geradewegs ins kalte Wasser werfen. Aber was bleibt einem anderes übrig als Geld verdienen damit der nächste Urlaub geplant werden kann. Was das Wetter anbelangt, hatten wir auf jeden Fall die richtige Entscheidung getroffen früher nach Hause zu kommen. Denn seitdem wir zurück sind folgt ein Nordseetief dem anderen und es regnet und stürmt fast ohne Pause. Jetzt hoffen wir, dass noch das eine oder andere schöne Herbstwochenende kommt und wir noch ein paar angenehme Tage auf Calimero verbringen können bevor der kalte Winter einbricht.

Raymonde

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