Eine Woche auf den liparischen Inseln

Früh morgens waren wir in Favignana aufgebrochen, mit dem Ziel den SW Wind bestens zu nutzen um „Strecke zu machen“. Wir hatten kein genaues Ziel auf der Nordseite von Sizilien. Wir wollten es davon abhängig machen, wie gut wir voran kämen und dann für die Nacht eine Bucht aussuchen, die uns genügend Schutz vor den angekündigten NW- Wellen bietet. 

Als wir am Capo San Vito vorbeisegelten, war es erst später Vormittag, so dass wir uns entschieden, weiter an der Nordseite entlang zu fahren. Wir liebäugelten mit einer Ankerbucht vor Palermo, die wir entspannt am Nachmittag erreichen würden. 

Aber als wir den Capo Gallo mit dem gleichnamigen Leuchtturm umrundeten, merkten wir schnell, dass diese Ankerbucht wohl doch nicht so gut geeignet war, denn der Wind kam um den Capo rum und blas mit über 20 Knoten in die Bucht hinein. Also musste eine Planänderung her. Unser neues Ziel war die Ankerbucht hinter der schützenden Hafenmauer vor der Stadt Termini Imerese. Wir mussten uns beeilen, wenn wir noch bei Tageslicht ankommen wollten. Auf dem Weg dorthin, kamen wir an dem Küstenabschnitt vor Porticello vorbei, an dem letztes Jahr im August die Superyacht Bayesian in einem sehr starken Unwetter gekentert und gesunken war.  

Im Moment liegt sie immer noch auf 30m Tiefe, aber die Arbeiten sind voll im Gange um das Schiff zu bergen. 24 Stunden, 7/7, wird der Unfallort von Militärschiffen und der Gardia Costiera abgesichert und ist grossräumig abgesperrt. Wir schafften es noch vor der Dämmerung und ankerten kurz vor 20h neben dem Katamaran Audemus, die hier auch einen Zwischenstopp einlegten. Müde, aber froh, so viel Strecke geschafft zu haben und den liparischen Inseln, unserem nächsten Ziel, so deutlich näher gekommen zu sein, fielen wir nach dem Abendessen schnell in die Koje. Am nächsten Morgen beschlossen wir hier im Hafen zur Tankstelle zu fahren um unsere Dieselvorräte wieder aufzufüllen. Danach machten wir uns mit dem Beiboot auf den Weg um die Stadt zu erkunden.

Ich hatte im Vorfeld gelesen, dass Termini Imerese eine typisch sizilianische Stadt sei, sehr authentisch, ohne Tourismus, mit vielen engen Gassen und einer beeindruckenden Altstadt. Ich war also gespannt, was uns erwartet. Der Weg vom Hafengelände bis in die Ortschaft, hatte auf jeden Fall null Charme und glich eher einer Wanderung durch ein Industriegebiet. Am Fusse der Altstadt angekommen, waren wir ein bischen überfordert. Wir standen vor einem Labyrinth aus kleinen schmalen Gassen durch die sich viele Autos quetschten. Hoch oben befand sich der Hauptplatz, die Piazza Duomo, mit der Kirche Duomo San Nicola die Bari. 

Wir sahen sie von Weitem, aber welche der vielen steilen Gassen dorthin führte, war uns erstmal ein Rätsel. Immer wieder warf ich ein Blick aufs Handy und versuchte mich mit Google Maps und Maps.me zu orientieren, was aber auch nur bedingt half. Irgendwann entschlossen wir uns einfach eine grosse breite mit mosaïkbepflasterte Gasse hochzuwandern… irgendwo würden wir schon rauskommen.

Oben angekommen, hatten wir eine sehr schöne Aussicht auf die Küste und unsere Ankerbucht neben dem Hafen mit dem markanten Felsen im Hintergrund.

Wir schauten uns ein bischen nach einem Restaurant um, gegen eine kleine Mittagsstärkung hätten wir bestimmt nichts einzuwenden gehabt, aber wir wurden nicht fündig. Sehr viele Lokale hatten geschlossen, entweder weil es heute Pfingtsmontag war oder weil sie dauerhaft geschlossen waren… keine Ahnung. Wir entschieden uns spontan für eine der vielen schmalen Gassen um wieder nach unten Richtung Hafen zu spazieren. Wir kamen an vielen alten Gebäuden vorbei, die aber leider fast alle sehr renovierungsbedürftig waren. Als wir an einer, offensichtlich sehr alten Kirche kurz stehen blieben, um ein Foto zu schiessen, sprach uns ein Mann an, der gerade damit beschäftigt war, Schweissarbeiten am Eingangstor zu tätigen. Er fragte uns, ob wir die Kirche gerne besichtigen würden. Wir zögerten kurz und wussten nicht so Recht, was wir antworten sollten. Er winkte aber und sagte er hätte den Schlüssel… und so bekamen wir ganz unverhofft einen Einblick und eine Führung durch die Kirche San Giacomo. 

Man sah dem Mann an, dass er richtig froh war, uns alles zu erklären und sein Wissen weiter zu geben. Aber es gestaltete sich schwierig, denn wir verstanden nur ein paar Brocken und seine Englischkenntnisse waren sehr dürftig. Ich habe daher auf Adesso noch einmal ein bischen gegoogelt:

Früher war diese antike Kirche die Kathedrale von Termini Imerese und mit dem Beginn der Ära Ruggero wurde der Sitz nach Cefalú verlegt. Die ersten Dokumente stammen aus dem Jahr 1439, aber neuere Restaurierungen datieren den Bau auf die Zeit Friedrichs zurück. Als der letzte Mönsch starb, wurde sie Anfang des 20. Jahrhunderts nach und nach aufgegeben. 1943 fiel eine englische Bombe auf die Kirche, durchbrach das Dach aber explodierte durch ein Wunder nicht. Von dem Moment an, war sie jedoch vollständig geschlossen. Jedes Jahr, in der Weihnachtszeit, wird die Kirche von einem Verein, den Termini d’Amuri, genutzt, wo eine Krippe aufgebaut wird. „Unser“ Guide ist auch Mitglied dieses Vereins und kümmert sich ehrenamtlich um die Chiesa San Giacomo und verlangsamt daher ein bischen deren Verfall. Schon sehr traurig zu sehen wie hier alles vergammelt…

Der Mann war sehr gesprächig. Er zeigte uns auf Google, welche Orte wir im Norden von Sizilien besichtigen sollen, fiel über die Einwohner von Termini her und meinte, früher wären die Menschen hier ganz intelligent gewesen, heute genau das Gegenteil… Er kritisierte die Politik und meinte, heute sei Cefalú ganz „oben“ und Termini ganz „unten“, herabgewirtschaftet… dabei hätte Termini eigentlich eine viel längere Geschichte und wäre früher eine der wichtigsten Städte auf Sizilien gewesen… Es war wirklich interessant ihm zuzuhören, aber leider haben wir bei Weitem nicht alles verstanden. Er hatte uns wirklich postiv überrascht…ohne jeglichen Hintergedanken, „ohne Hand aufhalten“, wollte er nur sein Wissen an uns weitergeben…er wollte sich einfach mitteilen…

Wir verabschiedeten uns und dankten ihm für seine Zeit und all die Infos. Er zeigte uns noch eine andere Kirche in der Nähe und entschuldigte sich aber, dass er da leider keinen Schlüssel hätte…

Super nett der Mann… 🙂

Wieder unten am Hafen angekommen, machten wir noch einen kleinen Abstecher in den Supermarkt und fuhren anschliessend mit vielen neuen Eindrücken zurück zu Adesso.

Ziemlich spontan entschieden wir uns noch an diesem Tag in der Abenddämmerung Richtung liparische Inseln zu starten. Die Wetterprognosen sagten sowieso keinen Segelwind voraus, auch nicht für die nächsten Tage. Also machte es keinen Sinn noch länger hier zu bleiben oder weiter an der Küste entlang zu fahren. Denn die besten Bedingungen um die liparischen Inseln zu besegeln, ist ruhiges Wetter! Der Gedanke, am nächsten Morgen pünktlich fürs Frühstück anzukommen war verlockend und überzeugte uns zur Nachtfahrt. Wir hatten eine ruhige Überfahrt ohne Wind und Wellen… aber mit Motor…

Als wir uns in der Morgendämmerung den liparischen Inseln näherten, genoss ich bei meiner Nachtwache diese herrliche Aussicht auf Salina, Lipari und Vulcano.

Unser Anker fiel kurz vor 8Uhr in einer schönen Bucht an der Punta Crepazza im Süden von Lipari mit Blick auf den Krater von Vulcano.

Später fuhren wir weiter in eine kleine Bucht im Süden von Vulcano, die Spiaggia del Cannitello, da diese uns besseren Schutz vor den Wellen für die Nacht bieten konnte.

Am nächsten Morgen, machten wir uns auf den Weg, an der Westseite von Vulcano entlang, bis zur Bucht Porto di Ponente, die sich perfekt eignete als Ausgangspunkt für eine Wanderung zum Krater des Vulkans. Wir hatten Glück, denn diese Bucht ist normalerweise sehr beliebt und daher oft überfüllt, aber als wir ankamen, bekamen wir einen guten Platz mittig auf einem grossen Sandfleck. Am Abend machten wir eine kleine Besichtigungstour der kleinen, aber sehr touristischen, Ortschaft, kombiniert mit einem gemütlichen Abendessen. Wieder auf Adesso, genossen wir diese herrliche Abendstimmung in der Bucht.

Am nächsten Morgen starteten wir kurz nach Sonnenaufgang unsere Wanderung zum Krater. Früh am morgen lag der grösste Teil des Weges noch im Schatten. Als wir am Startpunkt angekommen waren, staunte ich nicht schlecht über diese Ampel. 

Bei Rot (im Sommer zwischen 10.30-17.30h und wenn die Messgeräte erhöhte Vulkanaktivität messen), darf kein Wanderer zum Vulkan hochsteigen. Anscheinend wird das Ganze mit Kamera überwacht.

Der Weg war schweisstreibend, aber die Aussicht wurde immer spektakulärer.

Oben angekommen, kam der Wow-Moment…was für ein toller Anblick… 

Wir genossen diese Aussicht, dieses 360 Grad Panorama in vollen Zügen!!! 🙂

Jetzt vor 8 Uhr, hatten wir den Krater noch fast ganz für uns alleine… herrlich.

Auf dem Rückweg bogen wir noch zu den Schwefellöchern ab, wo dauernd heisser, sehr stinkiger, Schwefeldampf austritt. Lange darf man hier nicht verweilen und zu nahe darf man den Löchern auch nicht kommen. Sobald wir näher kamen, verspürten wir einen Hustenreiz im Hals. Aber für ein paar tolle Fotos blieb genug Zeit.

Zurück auf Adesso sprangen wir erstmal ins kühle Nass… diese Erfrischung tat jetzt echt gut. Dann machten wir uns auf den Weg rüber zur Westseite von Lipari wo wir in der Bucht Punta del Perciato ganz in der Nähe der spektakulären Felsformationen ankerten.

Wir hatten Glück, dass wir im Moment so ruhige Bedingungen hatten, denn dieser Ankerplatz ist zwar sehr schön, bietet aber sonst nicht wirklich viel Schutz. Am nächsten Morgen machten wir mit dem Beiboot eine Besichtigungstour an den vielen schönen Lavafelsformationen vorbei. Es fiel mir wieder schwer mich hier für ein paar Fotos zu entscheiden, denn natürlich schoss ich wieder ganz viele 😉

Anschliessend entschieden wir uns den Wind zu nutzen um Richtung Panarea aufzubrechen. Von 3 bis über 20 Knoten war alles dabei, aber wenigstens konnten wir den grössten Teil der Strecke unter Segel zurücklegen. In Panarea angekommen, erfüllte unsere auserkorene Ankerbucht leider nicht unseren Erwartungen: zu viele Boote, schlechter Ankergrund und sehr unregelmässige Windböen und Strömungen aus allen Richtungen. So entschlossen wir uns dazu, etwas weiter nördlicher in einer „unbekannteren“ Bucht zu ankern. Da waren wir das einzige Boot und hatten definitv mehr Ruhe. Die Nacht war ruhiger als erwartet, aber sobald die Tagesboote und Wassertaxis wieder unterwegs waren, wurden wir ordentlich durchgeschüttelt. Morgens bewunderte ich diesen herrlichen Sonnenaufgang neben den kleinen unbewohnten Nachbarinseln/Felsen Dattilo und Bottaro.

Panarea, die kleinste der Äolischen Inseln, beherbergt ein prähistorisches Dorf aus der Bronzezeit, bekannt als Capo Milazzese. Die Siedlung, die der Milazzese-Kultur (ca. 1430–1270 v. Chr.) zugeordnet wird, befindet sich auf dem Kap Punta Milazzese und ist ein bedeutender Fundort. Nach dem Frühstück fuhren wir mit dem Beiboot zur bekannten Cala Junco, die sich ganz in der Nähe befindet und von wo aus wir zu den Überresten des antiken Dorfes hochspazierten. Hier ein paar Eindrücke. 

Danach fuhren wir weiter zum Dorf um uns auch hier ein bischen umzuschauen. Ganz schnell war klar, dass sich hier die „Schönen und Reichen“ tummeln. Alles war zwar sehr schön gepflegt, aber die Preise in den Restaurants und Shops auch abartig hoch.

Panarea scheint das Saint Tropez oder Monaco der liparischen Inseln zu sein. Wir zogen es daher vor, uns den Apero und das Mittagessen auf Adesso zu genehmigen…

Dann hatte Guy die Idee, dass wir doch noch einmal zum Stromboli hochsegeln sollen, uns da die Nacht über einfach treiben lassen um noch einmal den Lavaausbrüchen zuzuschauen um dann in der Morgendämmerung Richtung Strasse von Messina aufzubrechen. Ein strammer Programm, dem ich ein bischen widerwillig zustimmte. Auf der einen Seite wäre es wirklich schade gewesen, wenn wir nicht noch einmal zum Stromboli fahren würden, obwohl wir nur 15 Seemeilen entfernt waren. Auf der anderen Seite, hatte ich keine Lust die lange Strecke durch die Strasse von Messina in Angriff zu nehmen ohne vorher genügend Schlaf zu bekommen und ich konnte mir nicht wirklich vorstellen, dass ich während dem „uns treiben lassen“ die nötige Ruhe finden würde. Aber ich stimmte zu und so machten wir uns am späten Nachmittag auf den Weg. 

Pünktlich zur Abenddämmerung erreichten wir den Stromboli un der Sonnenuntergang war richtig schön.

Es war ein besonderes Erlebnis die Nacht im freien Treiben auf dem offenen Meer zu verbringen, aber es war definitv keine erholsame Nacht, denn die Strömung war stärker als erwartet und so musste Guy Adesso öfters wieder auf Kurs bringen und von der Sperrzone wegmotoren. Ich fand aber auch keinen ruhigen Schlaf, weil ich immer wieder nach draussen schaute, um keine grössere Lavaspucke zu verpassen. Leider war der Stromboli diese Nacht sehr zahm und wir konnten keine spektakulären Ausbrüche oder gar Lavaströme beobachten. Schade…

Sofort bei Morgendämmerung machten wir uns dann auf den Weg Richtung Strasse von Messina um den „Strömungs-TGV“ pünktlich zu erreichen. Das klappte, denn wir schossen teilweise mit über 10 Knoten über Grund Richtung Süden. Leider wurde unser Höhenflug aber dann gebremst je mehr wir uns der Landecke von Kalabrien näherten. Am späten Nachmitag erreichten wir dann unseren Ankerplatz vor dem kleinen Dorf Condofuri. Um 21 Uhr fielen wir ins Bett. Das war ein langer Trip! Die Nacht war sehr ruhig und erholsam. Am Morgen schnappte ich mir meinen SUP und machte eine kleine Erkundungstour an Land. Hier gab es wirklich nicht viel zu entdecken, im Gegenteil. Ich war geschockt wieviel Müll hier herumlag…in jeder Ecke, hinter fast jeder Hecke…Italien hat wirklich ein sehr grosses Müllproblem… 😦

Zurück auf Adesso ging ich noch eine kleine Runde schwimmen und machte uns anschliessend ein leckeres Frühstück. Danach war „Lagebesprechung“… mit dem Resultat, dass es die nächsten Tage ungemütlich werden wird und die kalabrische Küste keine schützenden Buchten aufweisen kann. So entschlossen wir uns dazu, ohne Umwege, Kurs Richtung Griechenland zu nehmen. Diesen Blog schrieb ich grösstenteils während der Überfahrt, die sehr entspannend wurde.

Teilweise hatten wir widder Erwarten sehr guten Segelwind und machten richtig gut Fahrt. In den 48 Stunden gab es aber auch immer wieder viele windlose Stunden an denen wir motoren mussten, aber das Leben an Bord war angenehm, denn das Meer sehr ruhig und es gab kein Geschaukel. Als wir uns heute morgen der kleinen griechischen Insel Paxos näherten, genoss ich wieder diese herrlichen Farben der Morgendämmerung.

Unser Plan ist es jetzt den Sommer hier in Griechenland zu verbringen. Wohin es uns genau verschlägt, wissen wir noch nicht. Wir hoffen, dass wir dem Massensegeltourismus ein bischen entfliehen können und viele schöne ruhige Buchten finden werden. Wie es weiter geht…im nächsten Blog.

2 Kommentare

    1. Danke danke 😉
      Ja, viele Eindrücke in kurzer Zeit… bis zum nächsten Blog dauert es aber wahrscheinlich jetzt ein bischen… erst mal hier in Griechenland ‚ankommen’…

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