Unser Leben geht weiter…wir müssen nach vorne blicken… so oft haben wir uns das in den letzten Tagen und Wochen gesagt… ja, unser Leben geht weiter, ohne Chico… aber es ist nicht mehr das Gleiche… unsere kleine Familie ist geschrumpft, wir vermissen unsere kleine Mausi einfach immer noch unendlich viel. Viele Freunde und Bekannte haben uns ihr Beileid ausgedrückt und uns liebevolle Nachrichten geschickt und uns Mut und Kraft gewünscht. Vielen Dank dafür!
Dieser unerwartete und viel zu frühe Tod von Chico hat uns wirklich in ein grosses Loch fallen lassen. Wir stellten alles in Frage, nichts schien mehr einen Sinn zu haben. Wir konnten uns an nichts mehr erfreuen. Der schönste Sonnenaufgang war nur noch grau.
Nach einer Woche vor uns hin vegetieren, waren wir dann gezwungen uns ein bischen aufzurappeln, denn Sandra kam uns wieder für eine Woche auf Adesso besuchen. Das war schon lange geplant und wir freuten uns alle auf ein Wiedersehen, so dass wir ihr jetzt auch nicht absagen wollten. Wir waren gezwungen wieder ein bischen „am normalen Leben“ teilzunehmen und zu funktionieren. Diese Ablenkung war wichtig um wieder ein bischen aus unserem Loch rauszukrabbeln und nicht dauernd an den Verlust von Chico zu denken.
Sandra hatte, wie schon bei ihrem vorigen Besuch in der Algarve, wieder echt Pesch mit dem Wetter. Die meisten Tage war es kühl, bewölkt und regnerisch oder der Mistral sorgte für Starkwind und unruhige See. So blieben wir die ganze Woch über in der Rade d’Hyères, wo wir viele geschützte Ankerbuchten vorfanden, ohne grössere Strecken zurücklegen zu müssen.
Wenn der Himmel aufklärte, nutzten wir oft die Gelegenheit an Land zu paddeln um an den Küsten entlang zu spazieren. Hier auf dem felsigen Küstenweg an der Nordwestseite von Porquerolles.


Die Woche ging schnell vorbei und wir hoffen, dass Sandra sich wieder wohl gefühlt hat bei uns…trotz unserer bedrückten Stimmung und des schlechten Wetters… Auf jeden Fall hat sie gemeint, sie würde sich richtig entstresst fühlen und hätte so viel und gut geschlafen wie schon lange nicht mehr…klingt ja mal ganz ok…
Nachdem Sandra abgereist war, entschieden wir uns dazu, so schnell wie möglich, sobald die Wetterbedingungen passen, weiter zu fahren. Wir mussten weiter, weiter an der Küste entlang, nach vorne schauen, ein Ziel haben, um nicht wieder so tief in unser Loch zurück zu fallen.
Unser erstes Ziel war die Insel von Paul Ricard, die Île des Embiez. Vor vielen Jahren, waren wir schon einmal mit einem gecharterten Segelboot auf dieser Insel und hatten sie in guter Erinnerung. Auf der Insel wurde in den letzten Jahren viel investiert und umgeändert.

Der Hafen wurde vergrössert, im Dorf wurde eine interessante Fotoaustellung über Paul Ricard errichtet, die Spazierwege sind jetzt grösstenteils befestigt und es fährt ein Touristenbummelzug… Wir spazierten rund um die ganze Insel, besichtigten das Grab von Paul Ricard und genossen ein paar schöne Ausblicke.




Die Insel ist immer noch schön und sehenswert, aber von dem Charme den sie früher auf uns ausgeübt hatte, war nicht mehr viel zu spüren… Schade.
Am nächsten Tag fuhren wir weiter Richtung Calanques. Das ganze Jahr über hatte ich mich darauf gefreut, Ende der Saison, mit Adesso in einer der schönen Calanques zu ankern. Diese Felsenlandschaft ist echt spektkulär, aber in der Hauptsaison hoffnungslos überfüllt. Wir entschieden uns für die Calanque de Morgiou. Als wir ankamen, waren schon drei Boote vor Anker, aber Guy fand noch einen kleinen Platz für Adesso. Das Wasser war glasklar und voller Fische, richtig verlockend. Ich schnappte mir meine Taucherbrille und Schnorchel um meinen Ankercheck zu machen und bekam fast einen Schock… wow was war das kalt!..nur 18 Grad! Nach gefühlten 30 Sekunden war ich wieder an Deck…Schade, denn das Schnorcheln wäre hier bestimmt ganz schön gewesen, aber das wir mir dann doch zu kalt. So zogen wir es vor, die Umgebung mit ihren spektakulären Felsformationen mit dem Beiboot zu erkunden.


Im späten Nachmittag holte dann einer nach dem anderen seinen Anker auf, so dass wir abends noch das einzige Boot hier in der Calanque waren.

Wir genossen diese Ruhe und Einsamkeit und diese besondere Abendstimmung…

Am Morgen stand ich früh auf, denn ich wollte den Sonnenaufgang hier nicht verpassen. Ich schnappte mir meinen SUP und paddelte an den Felswänden entlang die langsam vom Licht der aufgehenden Sonne erfasst wurden.

An vielen Ecken gab es tolle Felsformationen zu bestaunen.


Ich genoss diese Stimmung, war andererseits aber auch sehr emotional… Ich vermisste Chico!
Vor allem morgens ist es sehr hart für mich. Die SUPfahrt bei Sonnenaufgang, der Morgenspaziergang, das war „unsere Zeit“… was bleibt? … nur die Erinnerung…
Aber da ich diese besondere Stimmung, diese Ruhe morgens total geniesse, habe ich mir vorgenommen, auch in Zukunft so oft wie möglich früh aufzustehen, mir meinen SUP zu schnappen und ein bischen spazieren zu gehen… wohlwissend, dass mein Herz bluten wird.
Nach dem Frühstück machten wir uns auf den Weg Richtung Île Frioul. Auch hier waren wir schon vor vielen Jahren mit einem gecharterten Boot im Hafen gewesen. Wir ankerten südlich des Hafens in einer der wenigen grösseren Ankerbuchten mit etwas Sandboden. Am Nachmittag fuhren wir mit dem Beiboot an Land und machten eine längere Wanderung bis hoch hinauf zum Fort de Caveaux. Von hier aus hatten wir einen tollen Ausblick über die Insel und auf Marseille im Hintergrund.


Eigentlich wären wir abends auch wieder mal gerne ins Restaurant gegangen, aber sobald die letzte Fähre die Insel verlassen hat, ist hier, Ende der Saison, leider schon alles zu.
Am nächsten Tag fuhren wir weiter bis nach Port Saint Louis du Rhône. Hier besichtigten wir das grösste Trockendock im westlichen Mittelmeer und nutzten die Gelegenheit unsere Essensvorräte wieder aufzustocken.
Eigentlich hatten wir ja geplant an der französischen und dann weiter an der spanischen Küste entlang zu fahren bis zu unserem Winterhafen in La Rapità. Der Hauptgrund dafür war das Wohl von Chico, weil so grösstenteils längere Fahrten vermieden werden konnten. Aber das Schicksal wollte es ja anders! 😦
So entschieden wir uns für eine Planänderung und dafür, den vorhergesagten Nordwestwind der kommenden drei Tage zu nutzen, um Kurs Richtung Balearen zu nehmen.
Inzwischen sind wir etwas mehr als 48 Stunden unterwegs und konnten fast die ganze Strecke unter Segel zurücklegen. Es spielt ja jetzt eine untergeordnete Rolle ob wir ein paar Stunden mehr oder weniger für die Überfahrt brauchen. Den Druck, so schnell wie möglich ankommen zu wollen, damit Chico an Land kann, den haben wir ja jetzt nicht mehr. Aber es fällt uns auch schwer, uns mit dem Gedanken anzufreunden, dass es jetzt „einfacher“ ist…
In ungefähr 2 Stunden müssten wir in unserer auserwählten Ankerbucht ankommen. Hier planen wir die Nacht zu verbringen bevor wir morgen weiter an die Südseite segeln wollen. Von da aus wollen wir dann weiter Richtung Ibiza und Formentera, sobald wir gute Wetterbedingungen für die Überfahrt haben.
Auf Ibiza und Formentera hoffen wir noch eine schöne Zeit verbringen zu können bevor wir wieder weiter Richtung spanisches Festland müssen.
Mallorca ist schon greifbar nah, jetzt freue ich mich, bald anzukommen…
Raymonde

An Chico…
wir vermissen dich… wir werden noch oft aufs Meer schauen und an dich denken…wir werden dich nicht vergessen!!!